„Cannabis spargelt“ – ein Ausdruck, der vielen Growern einen Schauer über den Rücken jagt. Hinter diesem scheinbar harmlosen Begriff verbirgt sich ein ernstzunehmendes Problem, das vor allem in der Anzucht- und Wachstumsphase von Cannabispflanzen auftritt. Die Pflanzen wachsen dabei unnatürlich lang und dünn, was sich später in Instabilität, Ertragsverlusten und erhöhter Krankheitsanfälligkeit äußert.
In diesem Artikel erfährst du alles, was du über spargelnde Cannabispflanzen wissen musst:
1. Was bedeutet „Cannabis spargelt“?
Unter Growern sagt man: „Die Pflanze spargelt.“ Gemeint ist ein überstreckter, instabiler Haupttrieb – oft mit wenigen oder gar keinen Seitenästen – der versucht, in kurzer Zeit unnatürlich in die Höhe zu wachsen. Dieses Phänomen nennt man in der Botanik auch Hypertrophie aufgrund phototropher Reize. Einfach gesagt: Die Pflanze sucht verzweifelt nach Licht – und wächst dabei zu schnell in die Höhe.
Merkmale:
- Langer, dünner Hauptstamm
- Sehr geringer Abstand zwischen Keimung und den ersten Internodien
- Schwache Gewebeausbildung
- Fehlende oder minimale Verzweigung
- Umfallgefahr schon bei leichtem Luftzug
- Sehr geringer Ertrag im späteren Stadium
2. Die Biologie hinter dem Spargelwuchs

Die Ursache des Spargelns liegt in der Photomorphogenese – einem Wachstumsprozess, der durch Lichtmenge und -qualität beeinflusst wird. Wenn Cannabis zu wenig Blaulicht bekommt, interpretiert die Pflanze das als „Schatten“ und aktiviert genetisch gespeicherte Programme zur Streckung des Haupttriebs.
Pflanzenhormone im Spiel:
- Auxine: Fördern die Zellstreckung im Spross – je weniger Licht, desto stärker aktiv.
- Gibberelline: Regulieren Längenwachstum – bei Lichtmangel überaktiv.
- Cytokinine: Fördern Verzweigungen – bei Lichtmangel unterdrückt.
Dieses Ungleichgewicht führt zu dem typischen Bild: „Cannabis spargelt“ – die Pflanze wird lang und dünn, ohne Masse oder Stabilität aufzubauen.
3. Ursachen im Detail
A. Lichtmangel – Quantität UND Qualität
- Zu schwache Lichtintensität (unter 100 µmol/m²/s)
- Falsches Spektrum: Zu wenig Blau (400–500 nm) → typische Ursache
- Zu großer Abstand zwischen Pflanze und Lampe
- Schattenwurf durch andere Pflanzen
- Fensterbrett statt Growlicht: meist nicht ausreichend!
B. Falscher Lichtzyklus
- Unter 16 Stunden Licht pro Tag in der Wachstumsphase
- Kein klares Tag-Nacht-Verhältnis → Stresst die Pflanze
C. Zu hohe Temperaturen
- Temperaturen über 28 °C regen ebenfalls die Zellstreckung an
- In Kombination mit Lichtmangel besonders schädlich
D. Überhöhte Luftfeuchtigkeit (>70 %)
- Zu weiche Zellwände
- Schlechte Verdunstung → Pflanze hat keinen Grund, kräftige Leitbahnen auszubilden
E. Falsches Substrat / Anzuchttopf
- Zu lockeres oder zu feuchtes Medium
- Zu kleiner Topf → keine natürliche Wachstumsbegrenzung
- Keine Drainage → Wurzelstress
4. Fehleranalyse: Wie du Ursachen erkennst
1. Pflanze spargelt ab Tag 3: → Licht zu schwach oder zu weit weg
2. Pflanze wächst, aber bleibt blassgrün: → Falsches Lichtspektrum
3. Pflanze liegt am Boden: → Keine Umluft / zu schwacher Stamm
4. Pflanze wächst unregelmäßig: → Licht fällt nur einseitig ein
5. Zu viele Pflanzen in einem Raum: → Konkurrenz um Licht (phototropes Verhalten)
5. Unterschiedliche Risikophasen

Keimling (0–10 Tage):
Sehr hohe Gefahr. Bereits ab Tag 1 kann sich Spargelwuchs entwickeln. Ein einziger Tag ohne gutes Licht reicht oft schon aus!
Jungpflanze (10–30 Tage):
Bei unzureichender Beleuchtung in der Wachstumsphase beginnt die Pflanze stark in die Höhe zu wachsen – oft mit wenig Masse.
Blütephase (nach Umstellung):
Weniger häufig. Hier ist eine moderate Streckung normal (Streckphase). Falls sie übermäßig wird, liegt meist ein anhaltendes Lichtproblem vor.
6. Schritt-für-Schritt-Lösungen für spargelnde Pflanzen
1. Spargelnden Trieb eingraben
- Pflanze vorsichtig umtopfen
- Stängel bis zu den Keimblättern in Erde stecken
- ACHTUNG: Nur bei Pflanzen unter 20 Tagen zu empfehlen
2. Stützsystem einsetzen
- Pflanzstäbe, Draht oder Bambus
- Alternativ: biologisch abbaubare Clips oder Halterungen
3. Lichtintensität erhöhen
- Nutze PAR-Messgerät oder App
- Empfohlene Werte in der Wachstumsphase: 200–400 µmol/m²/s
- Lichtquelle mit hohem Blauanteil wählen (z. B. 6500 K)
4. Abstand zur Lichtquelle anpassen
- LED: 25–40 cm
- CFL: 5–15 cm
- MH/HPS: 40–60 cm (je nach Wattzahl)
5. Umluft aktivieren
- Sanfter Luftstrom, der die Pflanze leicht bewegt
- Fördert die Ausbildung starker Zellwände
7. Prävention: Der beste Schutz ist gute Vorbereitung

A. Licht-Setup
- Verwende Vollspektrum-LEDs mit hohem PAR-Wert
- Mind. 150 Watt für eine Fläche von 60×60 cm
- Timer auf 18/6 stellen (18 h Licht, 6 h Dunkelheit)
B. Topfwahl und Substrat
- Für Keimlinge: 0,25–0,5 L Anzuchttopf
- Erde mit 20–30 % Perlite für gute Belüftung
- Drainagelöcher nicht vergessen!
C. Klima optimieren
- Temperatur: 22–26 °C konstant
- Luftfeuchte: Keimung 70 %, dann langsam senken auf 50–60 %
- Hygrometer + Thermometer kombinieren
D. Frühzeitig Umtopfen
Wenn Wurzeln am Boden sichtbar sind → umtopfen. Eine spargelnde Pflanze im kleinen Topf = doppeltes Risiko.
8. Indoor vs. Outdoor – Wo spargelt Cannabis eher?
Indoor-Risiko: Hoch
- Lichtsysteme oft unzureichend
- Fensterbänke führen fast immer zu Spargelwuchs
- Zu große Abstände zur Lampe
- Keine natürliche Lichtsteuerung
Outdoor-Risiko: Gering – aber möglich
- Vorzucht auf Fensterbank = Gefahr!
- Zu früher Start im Februar/März = schwaches Lichtangebot
- Nach dem Raussetzen meist kein Problem mehr
Tipp: Keimlinge erst rausstellen, wenn Tageslicht min. 14–15 Stunden verfügbar ist – meist ab Mitte April.
9. Hilfreiche Tools & Grow-Setup-Tipps
- Luxmeter oder PAR-Meter: Um Lichtmenge exakt zu messen
- Umluftventilator: Für kräftigen Stamm
- Zeitschaltuhr: Für exakten Lichtzyklus
- Reflektoren / weiße Wände: Für Lichtverteilung
- Anzuchtschalen mit Haube: Für kontrolliertes Mikroklima
10. Fazit: „Cannabis spargelt“ ist kein Todesurteil – aber ein Warnsignal
Wenn deine Cannabispflanze spargelt, ist das ein Symptom – kein endgültiges Urteil. Wer die Ursachen versteht und frühzeitig gegensteuert, kann die Pflanze oft retten. Mit etwas Erfahrung wird es dir in Zukunft gelingen, Spargelwuchs komplett zu vermeiden.
Zusammenfassung:
Ursache | Maßnahme |
---|---|
Licht zu schwach | Stärkere Lampe / Abstand verringern |
Falsches Spektrum | Blauanteil erhöhen (z. B. 6500 K) |
Zu hohe Temperatur | Belüftung optimieren / Lichtleistung anpassen |
Zu feuchte Luft | Abluft erhöhen, RH senken |
Konkurrenz | Abstand zwischen Pflanzen erhöhen |
11. Häufige Fragen zu „Cannabis spargelt“
Wie kann ich das Spargeln komplett verhindern?
→ Durch starkes Licht ab Keimung, tiefe Aussaat, stabile Luftverhältnisse und gute Umluft.
Wann sollte ich die Lampe näher an die Pflanze bringen?
→ Wenn die Pflanze sichtbar in die Höhe wächst, aber keine Blätter entwickelt. Dann sofort handeln.
Wie viel Licht braucht ein Keimling?
→ Etwa 100–200 µmol/m²/s – besser zu viel als zu wenig.
Ist Umtopfen bei spargelnder Pflanze Pflicht?
→ Nicht immer. Aber bei instabilen Pflanzen oft der beste Rettungsversuch.
Wenn du mehr über Keimung, Wachstumsphasen, Beleuchtung oder Nährstoffe wissen willst, schau auch in unsere weiteren Guides. Eine gesunde Pflanze beginnt immer mit einer stabilen Jugendphase – und die beginnt mit gutem Licht!